Was wäre wenn? Was wäre ein Weimar ohne seinen Goethe, Halle ohne Händel, Eisleben ohne Luther? Die Frage drängt sich auf und ergibt sich logischerweise, wenn man nach dem Bekanntheitsgrad dieser Städte fragen würde. Mit Sicherheit müssten dann Abstriche hinsichtlich der Popularität und Bekanntheit der Orte gemacht werden, wenn nicht solche großen Geister, wie oben angeführt, in ihren Mauern gelebt und gewirkt hätten. Das heißt, es ist für einen Ort schon wichtig und auch von der Geschichtsauffassung her sehr interessant zu wissen, welche Persönlichkeiten wann, wo und wie in ihm gewohnt, gelebt und gearbeitet haben. So ist es verständlich, dass die Frage aufkam, ob es in unserer kleinen Gemeinde Riestedt in der Vergangenheit nicht auch Menschen gegeben hat, die, auf welchem Gebiet auch immer, sich hervorgetan haben und eventuell auch, wie obige Größen, zum Ansehen und zum Bekanntheitsgrad unseres Ortes beitragen könnten. Und um es gleich vorweg zu nehmen, es gab Sie. Wir wollen Sie aus Ihrer Vergangenheit und wirklich unverdienten Vergessenheit, in die Sie, teils aus politischen, teils aus religiösen Gründen und teils auch aus Gleichgültigkeit geraten sind, in die Gegenwart zurückrufen und den heutigen Menschen vorstellen und nahe bringen (was ja sicher auch eine schöne und interessante Aufgabe für einen Geschichtsverein ist).
Johann Friedrich Fasch
Zu Pfingsten Anno 1581 wird in Riestedt ein neuer Pfarrer berufen. Er nennt sich Martinus Faschius und war bereits schon einmal in Riestedt in der Zeit von 1558 - 1561, damals allerdings als Schulmeister. Danach wurde er zum Pfarrer von Emseloh ordiniert (20 Jahre war er dort), nun kehrte er nach Riestedt zurück. Dieser Martinus Fasch, auch Faschius genannt (die latinisierte Form des Nachnamens, wie es zu seiner Zeit oft gehandhabt wurde), stammte höchstwahrscheinlich aus Weida im Vogtland, hatte in Halle die Schule besucht und in Jena und Leipzig studiert. Er war verheiratet und soll 10 Kinder gehabt haben. In seiner Biographie wird besonders erwähnt, dass er ein Unterzeichner der Konkordienformel war. Die Konkordienformel (Concordia, lat. - die Eintracht), deshalb auch Eintrachtformel genannt, war von führenden Theologen der damaligen Zeit erarbeitet worden und sollte die Zerwürfnisse zwischen der Lutherischen und der Melanchthonschen Theologieschule nach Luthers Tod ausgleichen. Unser Pfarrer Faschius hat sich also neben seinen örtlichen, seelsorgerischen Tätigkeiten auch noch mit der großen “Politik” befasst. Er starb am 14. August 1602 in Riestedt und liegt auch hier begraben. Was ihn aber für uns auch heute noch interessant macht, ist die Tatsache, dass er im wahrsten Sinne des Wortes der Stammvater von Generationen hervorragender Persönlichkeiten, wie Pastoren, Professoren, Ärzten, Musikern und Bürgermeistern ist. Der Stammbaum der Familie Fasch, ausgehend von unserem Riestedter Martinus Faschius, ist offenbar so außergewöhnlich, dass er auch in Leipzig bei der Zentralstelle für Genealogie (Ahnenforschung) vorliegt. Aus der Vielzahl seiner hervorhebenswürdigen Nachkommen seien hier einige genannt: Martin Fasch (ein Sohn) 1561 in Riestedt geboren, wurde Decan in Schraplau. Augustinus Fasch (ein Enkel) 1599 in Hauteroda geboren, wurde Magister und Archidiakonus in Arnstadt. Christoph Johann Fasch (ein Enkel) 1616 in Hauteroda geboren, wurde Dekan und Superintendent in Heldrungen. Er hat drei Bücher im Druck hinterlassen, beschreibt die vier Belagerungen und Eroberungen von Heldrungen während des 30-jährigenKrieges. Theodor Fasch (ein Urenkel) 1636 in Arnstadt geboren, Prof. der Botanik, Chirurgie und Medizin, wurde Rektor der Universität Jena, Fürstlich - Sächsischer Leibarzt, Verfasser von medizinischen Schriften und Trostgedichten. Und nicht zuletzt, die wohl berühmtesten Faschs Johann Friedrich Fasch und sein Sohn Karl Friedrich Fasch über sie wurde folgendes aus einen Lexikon entnommen: -Johann Friedrich Fasch (15.04.1688 - 05.12.1758) Komponist; seit 1722 Hofkapellmeister in Zerbst; schrieb Suiten, Sinfonien, Kantaten u. a., die auch von J. S. Bach geschätzt wurden.
Karl Friedrich Fasch
Karl Friedrich Fasch (18.11.1736 - 03.08.1800) Komponist und Dirigent; Sohn von J. F. Fasch gründete 1791 die Berliner Singakademie, mit der er J. S. Bachs Werke aufführte und wegweisend für die Entwicklung des deutschen Chorgesangs wurde. Die Abstammung dieser beiden berühmten Musiker vom Riestedter Pfarrer Martinus Faschius ist erst kürzlich von der “Internationalen Fasch - Gesellschaft e. V.” in Zerbst bestätigt worden. Diese Gesellschaft wurde 1991 mit dem Ziel gegründet, das Leben und Werk von Johann Friedrich und Karl Friedrich Fasch zu popularisieren. Seit 1993 werden aller zwei Jahre Internationale Festtage zu Ehren von Johann Friedrich und Karl Friedrich Fasch veranstaltet. Die Gesellschaft, in Zusammenarbeit mit der Stadt Zerbst, verleiht Fasch-Preise und führt in Zerbst, der Wirkungsstätte von Johann Friedrich, internationale, wissenschaftliche Konferenzen durch. Das Fasch-Archiv in Zerbst ist Anlaufstelle für Wissenschaftler, Künstler und Musikliebhaber.